Du – danke, eh…

Ich sehe Josef Hader vor mir, wie er mit grantigem Ina_Tier_Farbe_3Blick und deprimierter Stimme auf die Frage „Na, wie geht’s dir?“ mit den Worten „Du – danke, eh….“ antwortet, aus denen man erahnen kann, dass es ihm nicht gut geht; also schon gut, im Vergleich zu den richtig armen Menschen, aber doch eigentlich nicht gut. Als er seinem Gegenüber sein Leid klagen will merkt er schnell, dass den Anderen das tatsächliche Empfinden gar nicht interessiert und er ihm nicht mehr zuhört.

Da fällt mir ein…

Die Frage „Wie geht’s?“ hat sich als oft gebrauchte Phrase in unser Leben geschlichen, als Antwort wird ein „Gut, danke!“ erwartet. Zumindest habe ich den Eindruck, dass viele gar kein Interesse an einer ehrlichen Antwort haben, sondern diese Frage nur stellen, weil sie nicht wissen, was sie sonst sagen könnten, wenn man sich zufällig trifft. Ein einfaches „Hallo“ oder „Grüß‘ Sie“ würde absolut reichen. Und dann hält man den Mund, wenn man nicht reden möchte. Es wird eh genug Unnötiges in die Welt rausposaunt.

Ich habe einmal einem Frager geantwortet: „Nicht gut, aber danke, der Nachfrage.“ Seine Reaktion war ein Aha und der prompte Rückzug. Letzte Woche habe ich es mit „Danke, und selbst?“ versucht, wobei mir „Jetzt kommt bald Weihnachten“ geantwortet wurde. Da blieb mir Interpretationsspielraum:
a) Gut, weil ich mich auf Weihnachten freue.
b) Schlecht, immer diese Hektik, hoffentlich ist es bald vorbei.
Ich habe mit einem strahlenden Lächeln und den Worten „Ich freu mich so auf Ostern“ reagiert und bin von dannen gezogen.

Ähnlich beliebt ist das „Schönen Tag!“, gerne ergänzt durch ein „noch“, welches irgendwie impliziert, dass der Tag bis zu diesem Zeitpunkt schon schön war. Warum fühlt sich jeder bemüßigt, mir einen schönen Tag zu wünschen? Zumal es oft in einem Zusammenhang gewünscht wird, wo ich mir g’häkelt vorkomme.
Als Beispiel:
Es ist Anfang Oktober, mit nur 6 Grad recht kalt und es schüttet, wobei es den Regen quer dahin bläst. Ich bin zu Mittag in einer Bäckerei, dick vermummt, trotzdem ziemlich nass, weil kein Regenschirm, rote Nase, insgesamt leicht verquollen (weil letzte Nacht schlecht geschlafen) und schaue auch dementsprechend zwider drein. Und was schallt mir nach dem Zahlen entgegen: „Schönen Tag, noch!“
Oder: Ein besonderes Geschenk muss her, so stehe ich abgehetzt nach einem langen Tag um 21.30 Uhr bei einem Weinhändler an der Kassa und es kommt wieder….. Dass der Verkäufer diese Worte einfach nur so raushaut, ohne sie tatsächlich so zu meinen und ohne sie bewusst auszusprechen, ist klar, schließlich ist der Tag schon deutlich in den Abend übergegangen, ja, er nähert sich bereits der Nacht.

Alternativ wird „Alles Gute“ gewünscht. Früher lediglich gebräuchlich als Geburtstagswunsch oder als Wunsch an einen Menschen zwecks baldiger Besserung, einem dem ein Spitalsaufenthalt, ein Begräbnis oder ähnlich Unangenehmes bevorstand. Heute in aller Munde. Und besonders befremdlich, wenn es aus dem Mund der Schuhverkäuferin kommt – nach dem ich die Schuhe bezahlt habe. Was will sie mir durch die Blume sagen? Dass
a) mir die Füße in den Schuhen sicher furchtbar weh tun werden oder
b) ich nach 2 Monaten neue Schuhe brauche, weil diese dann eh ausgelatscht sein werden?

Ich weiß schon, dass all diese „Phrasen-Gebraucher“ nur höflich sein wollen und sich dabei nichts denken, aber gerade das ist es, was mich stört. Meint es ehrlich und verwendet diese Sätze in angebrachten Situationen oder lasst es doch einfach. Warum nicht einfach: bitte, danke, hallo und wiedersehen?

Die kleine Tochter einer Freundin hat „Bitte, sehr gerne!“ so oft gehört, dass sie, also sie gerade zu sprechen anfing, nicht zuordnen konnte, wann man diese Worte sagt. Hat man ihr im Spiel eine Tasse Tee (aus der Puppenküche) gereicht, hat sie auf „Bitte, Ihre Tasse Tee“ mit „Bitte, sehr gerne“ geantwortet!

Ich bewege mich viel im ersten Wiener Gemeindebezirk und werde – offensichtlich schaue ich vertrauenswürdig aus – oft von Touristen nach Sehenswürdigkeiten oder dem Weg gefragt. Die meisten sagen dann artig „Danke“ und ich darauf natürlich „Bitte“. Und werde dann erwartungsvoll angeschaut, a la „was, das war’s, da kommt nix mehr….?“ Wenn ich meinen gnädigen Tag habe, folgt dann ein (nein, ich verkneife mir tapfer das „Sehr gerne“ oder „schönen Tag“): „Genießen Sie Ihren Aufenthalt in Wien.“

Aber nur, wenn ich es so meine (waren das unsympathische Leute, reicht das „Bitte“ absolut).

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