Irgendwann muss es einfach sein, irgendwann kann auch ich mich nicht mehr drücken. Drücken vor Schuh- und Kleiderkauf. Beides ist für mich nicht angenehm – im Gegensatz zu den meisten Frauen mag ich „Shoppen“ gar nicht.
Nun aber mache ich mich notgedrungen auf und gehe in die von mir bevorzugten Geschäfte. Und: Glück gehabt! Diesmal gibt’s wenigstens Schnitte und Farben die mir gefallen und passen. Zumindest am Kleiderbügel gefällt mir viel, wenn ich das Kleidungsstück dann anhabe, schaut die Sache wieder anders aus.
Ich wähle vor dem Probieren schon immer sehr gründlich aus, manche Schnitte passen mir einfach nicht, und was nützt das gerade moderne Gelb, wenn ich darin wie „gspieben“ aussehe. (Bitte verzeiht meine derbe Wortwahl, aber dieses Adjektiv passt hier einfach am Besten.)
Und ich gehöre nicht zu den Menschen, die Kleidung anziehen, nur weil sie modern ist. Kleidung muss meine figürlichen Schwächen verdecken, meine Vorzüge betonen und muss farblich zu meinem Teint und meiner Haarfarbe passen. Punktum. Das macht die Sache mitunter recht schwierig; deshalb macht mich die momentane Auswahl auch so froh.
Es fällt dann eh noch einiges weg, weil es eben nur am Kleiderständer oder der magersüchtigen Puppe gut ausschaut (nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ich habe Kleidergröße 36/38).
Warum zum Teufel ist die Beleuchtung in den Umkleidekabinen auch so gnadenlos!? Würden die nicht mehr verkaufen, wenn das Licht leicht schummrig wäre und man nicht jedes Speckröllchen und jede Delle in den 4 Spiegeln ungeschönt präsentiert bekäme?
Aber nicht nur ich kämpfe mit dem Anprobieren, aus der Nachbarkabine höre ich:
„Geh, Susi, schaust a mal. Da steht M drauf, aber das ist irgendwie genauso eng, wie das S.“ Daraufhin höre ich, wie der Vorhang weg geschoben wird und dann ein bedeutungsschwangeres „Hmm. Komm doch raus, da sieht man mehr rundumadum“, von Susi.
Das kann ich mir nicht entgehen lassen; ich trete also auch vor die Kabine um mich erneut im Spiegel zu betrachten. Die Frau aus der Nebenkabine hat ein Kleid an, das ihr definitiv zu eng ist.
Angesprochene Susi formuliert vorsichtig „Das schaut echt aus wie S, hast du vielleicht wieder ein S erwischt?“ – Susi schaut aufs Zetterl: „Aha, nein, ist ein M. Also ich tät‘ noch ein L probieren – ich mein‘, du musst dich drinnen wohlfühlen.“
Das L wird geholt, ich kleide mich um und trete zum Abgang bereit wieder vor die Kabine, schmökere in Kleidern in der Nähe.
Da tritt schon wieder die Nachbarin aus der Kabine, auch in L ist das Kleid nichts für sie. Die Freundin Susi: „Also ich finde das Kleid verschnitten…..das ist in jeder Größe gleich groß. Das sind die depperten Italiener, die schneiden so klein.“ – „Aber ich brauch‘ ein Kleid…“, kommt schon bisserl weinerlich von der Nachbarin. – Susi versucht zu retten (was nicht zu retten ist): „Das gibt’s auch in Schwarz, vielleicht ist das besser geschnitten…“.